Chronik Kerspenhausen

Chronik der evangelischen Kirche Kerspenhausen

Kerspenhausen wurde vor genau 725 Jahren (Stand 2012) an das Kloster auf dem Hersfelder Johannesberg verkauft. Dies und das Patronatsrecht des Abts des Klosters Hersfeld lassen – wenn es nach dem Heimatsforscher Traugott Classen geht – die Existenz einer Kirche schon vor dem jetzigen Bau vermuten. Nach der Inschrift über dem Eingang („Templum hoc inchoatum ao 1512 reparatum 1768“) wurde 1512 mit den Bauarbeiten begonnen. Rund 250 Jahre später, 1768 – fünf Jahre nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges – wurde die Kirche renoviert. Dabei wurde das Kirchenschiff auf eine Länge von 15 Metern und eine Breite von 9 Metern erweitert, was von Classen angesichts von damals etwa 300 Einwohnern als beachtlich einstuft. Verantwortlich für den Bau zeichnete der hessische Landbaumeister Johann Friedrich Jussow mit seiner „Vorliebe für betonte Schlichtheit und Nüchternheit“. Zum Ausdruck komme dies, so Classen, in der ausgeglichenen, auf sechs runden Holzsäulen ruhenden Empore, dem einfach gehaltenen Orgelprospekt und dem ungekünstelten Altar, der im mindestens 500 Jahre alten Untergeschoss des Kirchturmes steht. Dieses ist unter einem romanischen Bogen zum Schiff hin geöffnet.

 

Rätselhafter Stein

Als bemerkenswert bezeichnet Classen das gotische Kreuzrippengewölbe mit dem Schlussstein und einer als Kopf gestalteten Konsole, die Saktramentsnische und einen rätselhaften Stein in der südwestlichen Außenkante des Kirchenschiffs, der ein eingehauenes Kreuz zeigt. Unbekannt ist, wer die Baumeister und Steinmetze von 1512 beziehungsweise 1768 waren. Möglicherweise handelt es sich vor 500 Jahren aber um Maurer aus Tirol, die im 15. und 16. Jahrhundert an zahlreichen Baumaßnahmen im osthessischen Raum beteiligt waren. Im Altarraum fallen die neuen, modernen Fenster auf. Sie wurden von dem Künstler Tobia Kammerer entworfen und von der Taunussteiner Glasbaufirma Derix ausgeführt. Zentrale Momente sind die Beziehung von Gott und Mensch, aber auch mögliche Anknüpfungen an die Landschaft des Fuldatals.

 

Die Amerikaner schossen den Kirchturm ab

Der 76-jährige Kerspenhäuser Stellmacher Kurt Rössing kann sich noch gut daran erinnern, dass die Amerikaner den Kirchturm Ende März 1945  bei ihrem Vormarsch „abgeschossen“ haben, und dass dabei auch das Mauerwerk beschädigt worden ist. Beim Wiederaufbau sei eine Firma aus Westfalen verantwortlich gewesen. Bei späteren Renovierungsarbeiten seien gut geschützte Dokumente aus dem 18. Jahrhundert in der Turmkuppel gefunden und von allen örtlichen Vereine neue Dokumente erstellt und in der Turmkuppel für die Nachwelt erhalten worden. Bei einer Innenrenovierung erlebte der noch agile Handwerker selbst mit, wie vor dem Altar Sandsteinplatten aufgenommen und als mit der Schrift nach unten liegende Grabsteinplatten „entdeckt“ worden sind. Bevor sie in der Kirche aufgestellt worden sind, konnte ermittelt werden, dass einer der Bestatteten erschlagen worden war.